Stundenbuch – Da Costa

Buchtitel
Da Costa-Stundenbuch
1
veröffentlicht: 2023
Bibliotheks-ID:
Zustand:
1000867678931262
Sehr gut
Genre
Unbekannt
Stil
Unbekannt
Typ
Faksimile
Autoren
Unbekannt
Jahrhundert
Unbekannt
Land
Unbekannt
Anzahl
Unbekannt
Jahr
Beschreibung
Ob handfeste Szenen aus dem landwirtschaftlichen Leben wie das Ausbluten eines Ebers auf den Kalenderseiten oder das mitfühlende Gesicht Mariens bei der Beschneidung des kleinen Jesus in der Darstellung biblischer Erzählungen: Schon nach wenigen der insgesamt 121 Miniaturen dieses Frühwerks Simon Benings (ca. 1483–1561) besteht kein Zweifel mehr daran, dass Bening der „beste Buchmaler Europas“ ist, wie schon ein Zeitgenosse über ihn urteilte. Mit Bening erreichte die Gent-Brügger-Malschule ihren größten Höhepunkt und – nach Erfindung des Buchdrucks – ihre letzte Blüte. Dieses außergewöhnliche Frühwerk Benings, dem ingesamt ein langes, schaffensreiches Leben beschieden war, war nicht ohne Grund im Laufe der Geschichte im Besitz von Päpsten, Königen und Industriemagnaten – davon ganze vier Jahrhunderte lang im Besitz der namensgebenden Familie Da Costa in Portugal.
121 strahlende Miniaturen von Simon Bening
Die Buchmalerei erlebte einen ihrer größten Höhepunkte und zugleich ihre letzte Blüte in der phantastischen Buchmalerkunst der Gent-Brügger Malerschule – große Künstler wie Gerard Horenbout oder Gerard David schufen unvergessliche Meisterwerke. Unzweifelhaft der größte Meister allerdings ist Simon Bening, dessen Werke zugleich den Höhepunkt und Abschluss der großen niederländischen Buchmalertradition bilden.
Das Da Costa- Stundenbuch ist das wohl größte Frühwerk dieses Ausnahmekünstlers. Während manche seiner insgesamt 121 strahlenden Miniaturen eine kritische Auseinandersetzung mit jenen Errungenschaften bieten, die die Buchmalerei in den Jahrhunderten zuvor hervorgebracht hat, geben andere bereits einen Ausblick auf die großen letzten Zeugnisse der glorreichen Tradition der niederländischen Buchmalerei.
Simon Bening – ein „Star“ seiner Zeit
Die Buchmalerei lag ihm wohl schon im Blut – denn bereits sein Vater Alexander war ein bekannter Buchmaler, den manche Forscher mit dem Meister des Ersten Gebetbuchs Kaiser Maximilians identifizieren, sein Onkel war der große Maler Hugo van der Goes. Simon Bening wurde um 1483 in Brügge oder Antwerpen geboren; er wurde 1508 in die Buchmalergilde von Brügge aufgenommen – eine im ausgehenden Mittelalter unabdingbare Voraussetzung, um als Künstler tätig werden zu können. Dennoch ließ er sich in Brügge nicht vor 1519 nieder, vermutlich lebte und arbeitete er bei seinem Vater Alexander Bening, der 1519 starb.
Schon in dieser Zeit, als Simon von seinem Vater ausgebildet wurde, lernte er die Arbeiten anderer Buchmaler wie Gerard Horenbout kennen, mit denen er später noch großartige Handschriften ausmalen sollte. Spätestens um 1525 ist Simon Bening der unumstrittene „Star“ der Buchmalerszene in ganz Europa –wie übrigens sein Zeitgenosse Tizian in der Tafelmalerei. Doch bereits um 1510 ist das Ansehen Simon Benings europaweit groß. Zu seinen Kunden zählte auch niemand Geringerer als Kardinal Albrecht von Brandenburg, einer der bedeutendsten Kunstförderer des 16. Jahrhunderts, der die größten Künstler seiner Zeit wie Albrecht Dürer und Lukas Cranach den Älteren beschäftigte. 1530 nannte der portugiesische Diplomat und Humanist Damião de Góis Bening „den besten Meister der Buchillumination in ganz Europa“ – und das zu Recht.
Zu seinen Meisterwerken zählen neben dem Da Costa- Stundenbuch auch das Stundenbuch für Kardinal Albrecht von Brandenburg (Privatbesitz), die Genealogischen Tafeln der Königshäuser von Spanien und Portugal (London, British Library, Add. 12531), das Hennessy- Stundenbuch (Brüssel, Königliche Bibliothek, Ms. II. 158) oder die Statuten des Ordens vom Goldenen Vlies (Madrid, Instituto de Don Juan de Valencia). Wie Michelangelo und Tizian wurde Simon Bening sehr alt. Im Jahr 1555 bezahlte er seine letzten Beiträge an die Brügger Buchmalergilde im Alter von 71 oder 72 Jahren. Als er 1561 starb, erlosch auch die großartige Tradition der Gent-Brügger Malschule für immer.
Einzigartige Kunstfertigkeit und phantastische Kreationen
Für die Ausstattung des Da Costa-Stundenbuchs war das intensive Wissen Simon Benings um die Bildsprache enorm wichtig – vor allem deshalb, weil die unglaubliche Anzahl an Miniaturen eine große Zahl kompositorischer Modelle verlangte. So benötigte der Codex etwa zwei Zyklen von Bildern zur Passion Christi: die ersten acht für das Passions-Offizium, weitere vier für die Schilderung der Leidensgeschichte bei den vier Evangelisten. Ebenso mussten die vier Evangelisten zweimal erscheinen, einmal als Autoren der von ihnen verfassten biblischen Berichte und ein weiteres Mal zusammen mit ihren Symbolen.
Um diese ikonografischen und kompositorischen Ansprüche zu erfüllen, stützte sich Bening auf Vorlagen, die bis in die Zeit der Herrschaft Herzog Karls des Kühnen von Burgund zurückreichten und schon von Malern wie dem Wiener Meister der Maria von Burgund verwendet wurden. Aber Bening kopierte diese Vorlagen nicht einfach – er entwickelte sie völlig neu und gelangte damit zu einer Meisterschaft, die sich die ursprünglichen Erschaffer niemals hätten träumen lassen. Für die nächtliche Szene der Gefangennahme Christi auf fol. 15v etwa verwendete Bening als Vorlage eine Darstellung des Maximilian-Meisters im Flora-Stundenbuch, verdunkelt die Szene aber dramatisch: nur eine einzelne Fackel beleuchtet das Geschehen.
Das satte Blau, das die Szene dominiert, wird von der grünen Schmuckbordüre ideal ergänzt; dieses Grün findet sich auch in der Szene selbst in verschiedenen Gewandteilen wieder. Benings Versuch, seine Landschaftspanoramen noch eindrucksvoller zu gestalten, manifestiert sich auch in den zwölf ganzseitigen Kalenderminiaturen, die wohl zu den berühmtesten und qualitätvollsten Darstellungen der gesamten Buchmalerei gehören.
Schon große Meister der vergangenen Jahrhunderte wie die Brüder Limburg und der Meister Jakobs IV. schufen großartige Kalenderbilder; Bening jedoch perfektionierte diesen Bildtypus revolutionär: durch ihre landschaftliche Tiefe und die atmosphärische Gestaltung sind diese Bilder singulär in der Geschichte der Buchmalerei. Ein hervorragendes Beispiel ist etwa fol. 10v, das Monatsbild September. Schon die Komposition von Vordergrund und Bildmitte ist beeindruckend, doch das niedrige Tal, eingehüllt in einen blauen Dunst, scheint sich in die Unendlichkeit zu erstrecken. Tatsächlich biegt sich der Horizont erdgleich. Diese sich ausbreitende Weite ist ohne jedes Vorbild.
Zur Geschichte der Handschrift
Das Da Costa-Stundenbuch ist eine der ersten von Simon Bening geschaffenen Handschriften. Sein erstes datiertes Werk, das Imhof-Stundenbuch, stammt aus dem Jahr 1511, unser Stundenbuch entstand um 1515 – und es ist eines der ersten Meisterwerke, die für einen spanischen Auftraggeber entstanden sind. Denn das übermalte Wappen auf fol. 1v konnte einem Mitglied der portugiesischen Familie Sá zugeschrieben werden. Allerdings weist das darübergemalte Wappen auf jenen Mann hin, nach dem das Stundenbuch benannt werden sollte: Don Alvaro da Costa, Waffenmeister und Kämmerer des portugiesischen Königs Manuels I. (reg. 1495–1521), den Gründer des portugiesischen Kolonialreichs.
Eine Familiengeschichte der Da Costa berichtet, dass die Handschrift 1514 von Papst Leo X. an König Manuel I. geschenkt wurde, der sie später Don Alvaro gab. Der Codex blieb dann für vier Jahrhunderte im Familienbesitz der Da Costa. 1882 stellte João Afonso Da Costa de Sousa Macedo e Albuquerque (1815–1890) die Handschrift in Lissabon aus. Nach seinem Tod erbte dessen jüngerer Bruder, Luiz Antonio da Sousa Macedo e Albuquerque, das Stundenbuch.
Dann verliert sich die Spur unserer Handschrift kurz, denn sie taucht erst wieder 1905 im Besitz des Londoner Antiquars Bernard Quaritch auf, der sie in diesem Jahr dem aus Philadelphia stammenden Sammler George C. Thomas verkaufte. Dessen Erben wiederum verkauften den Codex 1910 an John Pierpont Morgan
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